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Fragen und Antworten

Durch Neuberechnungen zum Hochwasserschutz in Ophoven durch die Bezirksregierung Köln mit moderneren Verfahren ergibt sich lokal eine veränderte Situation.

Von einer Bedrohung der Ortslage bei einem Hochwasser HQ100 (was statistisch nur einmal in 100 Jahren vorkommt) ist nicht mehr auszugehen. Dass der Deich keine signifikante Hochwasserschutzwirkung besitzt, bestätigte der WVER durch die Ergebnisse einer zweidimensionalen Berechnung, in der der Deich bei einem HQ100 nicht berücksichtigt wurde, Das hat Auswirkungen auf die bisher angestellten Planun-gen, auch hinsichtlich eines Deichbaus bzw. der Sanierung des bestehenden Dei-ches.

Zu einer Bürgerinformationsveranstaltung hatte der WVER in Absprache mit der Stadt Wassenberg eingeladen. Diese stand ganz im Zeichen des Corona-Schutzes.

Deshalb wurde sie bei bestem Wetter auf dem Sportplatz durchgeführt. Ca. 60 Personen konnten sich hier auf vier Infozelte verteilen. Die Zelte waren mit einem erläuternden Plakat und Karten ausgestattet.

Als Hausherr begrüßte Herr Bürgermeister Manfred Winkens die Teilnehmer, betonte die Wichtigkeit der Informationsveranstaltung für die Ophovener Bevölkerung und bedankte sich beim Verband, dass er diese auch in Zeiten der Corona-Pandemie durchführt.

Herr Dr. Joachim Reichert als Vorstand des WVER betonte seinerseits, dass man um die Sorgen der Menschen in Ophoven wisse, und es daher als Verpflichtung ansehe die Betroffenen zu informieren, falls sich bedeutende neue Erkenntnisse zeigten. Diese lägen nun in Form von neuen Hochwasserberechnungen vor, die zu einer neuen Bewertung des Ophovener Deiches führten. Das große Interesse der Anwohner an einer solchen Veranstaltung mache auch deutlich, wie wichtig es in der heutigen Zeit sei, sich über Fragen des Gemeinwohls zu verständigen.

Im Anschluss erläuterte Herr Dr. Torsten Rose, der beim Wasserverband für die Erstellung von Hochwasserschutzkonzepten verantwortlich ist, die veränderte Lage. Daraus ergäbe sich nun der Bedarf, neu nachzudenken und das bisherige Konzept zu überarbeiten. Auch bezüglich des bestehenden Deiches werde dabei geprüft, welcher Sanierungsbedarf bestehe, und wo dieser überhaupt noch umgesetzt werden könne, und welche Maßnahmen im Einstaufall mit welcher Priorisierung ergriffen werden sollten. Herr Dr. Rose erläuterte auch umfänglich, wieso das neue 2-D-Berechnungsmodell viel exaktere Ergebnisse erziele als das alte 1-D-Modell. Bei diesem sei im Prinzip im Überschwemmungsgebiet der höchste Wasserstand auf die gesamte Umgebung ausgerollt worden. Die zeitliche Entwicklung von Hochwasser-wellen hätte seinerzeit nicht berücksichtigt werden können.

Im Anschluss daran bestand die Möglichkeit, Fragen zu stellen, die Herr Dr. Rose, Herr Dr. Gerd Demny als Gewässerdezernent und Herr Dr. Reichert beantworteten.

Fragen und Antworten finden Sie hier:

Frage:
Warum wird die geplante Rampe, die das Karkener Wehr ersetzt, nicht weiter oberhalb gebaut?

Antwort:
Weiter oberhalb befindet sich die Einmündung der Wurm, sodass dies nicht möglich ist.

Frage:
Wieso ist der Deichbau zum Hochwasserschutz nicht mehr erwünscht?

Antwort:
Durch einen Deichbau wird der Lauf des Gewässers quasi eingeengt, wichtige Retentions-(Rückhalte-)flächen gehen dadurch verloren. Nach modernen Wasserwirtschaftsgrundsätzen müssen verlorene Retentionsflächen ortsnah ausgeglichen werden. Das ist im vorliegenden Gebiet allerdings nicht möglich. Eine Gefährdung der bestehenden Bebauung muss aber in jedem Fall ausgeschlossen werden.

Frage:
Können die aktuellen 2-D-Berechnungen der Bezirksregierung als gesichert gelten, sodass sie Grundlage für den Abschluss einer Elementarversicherung sind?

Antwort:
Ja. Ende 2019 wurde seitens der Bezirksregierung Köln eine Überrechnung der Rur-Überschwemmungsgebiete vorgelegt. Die Flächen wurden bereits von der Bezirksregierung vorläufig gesichert. Die entsprechende Veröffentlichung ist im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Köln vom 20.07.2020 zu finden.

Die für Ophoven relevante Karte des vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebietes der Rur ist hier zu finden.

Die Versicherungsträger übernehmen die Daten nach der Ausweisung der Überschwemmungsgebiete (voraussichtlich 2020) in ihre Systeme, sodass entsprechend ein Abschluss einer Versicherung auf dieser Grundlage möglich ist.

Die im Vortrag genannten Hochwassergefahrenkarten, die gegenüber der Überschwemmungsgebietsausweisung zusätzliche Informationen liefern, finden Sie unter:
https://www.flussgebiete.nrw.de/system/files/atoms/files/282_rursystem_a02_gk_mw_b011.pdf
https://www.flussgebiete.nrw.de/system/files/atoms/files/282_rursystem_a02_gk_mw_b012.pdf

Frage:
Die Berechnungen der Bezirksregierung betrachten nur das Wasser, das aus dem Süden bzw. der Eifel zu uns kommt. Wie ist es aber mit den Wassermengen bei lokalen Unwettern?

Antwort:
Die Überschwemmungsgebiete werden anhand von Pegeldaten berechnet. Darin sind die Haupt- und Nebengewässer der Rur, die ja Wasser aus dem Gelände ableiten, mit einbezogen.

Lokale Starkregenereignisse, die Felder unter Wasser setzen, sind vornehmlich ein Sommerphänomen. Es werden Flächen überflutet, Gewässer auch trockengefallene treten über die Ufer; dies hat aber nichts direkt mit der Rur zu tun. Die Überschwemmungen der Rur treten in der Regel aber im Winter auf. Dazu muss es stark anhaltende Landregen geben, die nicht von der Vegetation oder den Böden aufgenommen werden können. Damit werden diese Niederschläge im Winter auch in den Talsperren spürbar.

Aufgrund der Schwerpunkte der Ereignisse in unterschiedlichen Jahreszeiten ist es sehr unwahrscheinlich, dass solche Witterungsphänomene zusammentreffen. Ein Schutz für solche Extremszenarien wäre damit unverhältnismäßig und würde durch die Bezirksregierung nicht genehmigt bzw. gefördert.

Frage:
Auf der Karkener Seite wird ein Schweinemastbetrieb bzw. eine Biogasanlage erweitert, was den Wegfall von Retentionsflächen bedeutet. Man hört jedoch, dass durch den Bau angeblich sogar neue Retentionsflächen geschaffen würden. Kennt der WVER die Situation? Wie stellt sich der WVER dazu?

Antwort:
Für den WVER gilt der Grundsatz, dass entfallende Retentionsflächen an anderer Stelle geeignet ausgeglichen werden müssen. Dies gilt für alle, die an der Rur etwas vorhaben, nicht nur für den WVER selbst, sondern auch für Privatleute.

Der WVER ist jedoch nicht selbst Behörde. Er kann im Rahmen der Träger öffentlicher Belange nur eine Stellungnahme abgeben, aber keine Entscheidung fällen. Die Genehmigung wird durch die Kommune oder den Kreis erteilt und durch den WVER aus bachvollziehbaren Gründen nicht kommentiert.

Frage:
Überall sind Renaturierungsmaßnahmen in der Planung oder der Umsetzung, auch an anderer Stelle im Kreis Heinsberg. Wieso passiert hier vor Ort nichts? Wenn die Leute entsprechend aufgeklärt würden, würden sie dies sicherlich unterstützen. Man kann hier doch darauf hinweisen, dass es massive EU-Förderungen gibt, und dass eine verbesserte Gesamtsituation auch im Sinne des Klimaschutzes zu sehen ist.

Antwort:
Der WVER würde gerne flächendeckend Renaturierungsmaßnahmen – also auch hier – umsetzen. Hierfür bedarf es eines umfassenden Konsenses aller Beteiligten, der sich auch auf die Verfügbarmachung von Grundstücken beziehen muss. Konkret für die hiesige Situation bedeutet dies folgendes: Der WVER wird das hiesige Wehr am Ophovener Steg zurückbauen und durch eine sog. „rauhe Sohlrampe“ ersetzen, die den Höhenunterschied über die eine große Fließlänge ermöglicht. Dies ist wichtig, um die Durchgängigkeit der Rur für Fische (hier vor allem die Langdistanzwanderer, wie z.B. auch den Lachs) sicherzustellen. Für die Langdistanzwanderer haben unsere niederländischen Nachbarn bereits die Durchgängigkeit ihrer Flüsse – auch der Rur – hergestellt. Auf deutscher Seite sind es neben dem Wehr am Ophovener Steg noch drei weitere große Rurwehre, die für Fische und Kleinlebewesen ein massives Aufstiegshindernis darstellen. Aus diesem Grund wird der WVER diese entweder in Sohlrampen umwandeln, oder umbauen und mit Fischaufstiegen versehen. Darüber hinaus soll eines der Wehre durch eine sog. „Gewässerstrukturmaßnahme“, d.h. die Schaffung eines naturnahen Umgehungsgerinnes ersetzt werden.

Hier in Ophoven sollen demnach die Renaturierung und der Hochwasserschutz miteinander verknüpft. Es ist eine integrale Aufgabenstellung, denn es integriert beide Komponenten. Die Bürger können die Realisierung aber durch Akzeptanz unterstützen, da der WVER hierzu die nötigen Flächen ggf. von den Eigentümern erwerben muss.

Gerade in der Wasserwirtschaft sind oft viele Interessen miteinander zu verbinden: Hochwasserschutz, Umweltschutz, Tourismus, Siedlungsentwicklung, Gewerbe. Zur gerechten Abwägung der berechtigten Interessen sind Genehmigungsverfahren zu durchlaufen, die bei bedeutenderen Projekten als Planfeststellungsverfahren unter definierter Beteiligung der Öffentlichkeit ablaufen. Selbst wenn durch die zuständige Behörde – entweder die Bezirksregierung oder die Untere Wasserbehörde der Kreise – ein Planfeststellungsbeschluss ergeht, ist dieser noch beklagbar. Somit kann sich der Genehmigungsvorgang über Jahre hinziehen.

Wichtig ist es, im Sinne einer Partizipation mit den Menschen vor Ort ein Einvernehmen zu erzielen. Dies ist in Deutschland durchaus noch neu, und wir haben da noch viel zu tun. In den Niederlanden ist man dort schon weiter. Letztlich müssen aber immer gangbare Kompromisse erarbeitet werden.

Frage:
Die Rur ist in der Vergangenheit kanalisiert worden. Dadurch ist die Fließgeschwindigkeit erhöht worden. Durch Renaturierungen und die Wiedereinbindung von Altarmverläufen könnte in dieser Beziehung doch Abhilfe geschaffen werden?

Antwort:
Ja, denn Renaturierung und Hochwasserschutz sind zusammen zu betrachten. Die Renaturierung der Flüsse erweitert den Fließquerschnitt, die Fließgeschwindigkeit sinkt und ein Wasserrückhalt wird ermöglicht. Dadurch können lokal kleinere Hochwasserereignisse abgefedert werden.

Frage:
In Süddeutschland wurde vor 5 Jahren das Wehr Maulburg 2 (im Schwarzwald) realisiert. Dabei wurde die Stromgewinnung aus Wasserkraft einbezogen, an der sich die Bürgerinnen und Bürger finanziell beteiligen konnten. Das Projekt ist ein gutes Beispiel für eine Kombination aus Fischtreppe, gerechter Wassernutzung und der Gewinnung „grünen“ Stroms. Wieso ist dies hier nicht auch möglich?

Antwort:
Ein ähnliches Projekt tritt am Rurdorfer Wehr bei Linnich bereits seit Jahren auf der Stelle. Politische, ökologische und sogar denkmalpflegerische Interessen treffen hier aufeinander. Das Rurdorfer Wehr ist aber eines der wesentlichen vier Fischaufstiegs-Hindernisse in der Rur. Der WVER ist daher außerordentlich daran interessiert, die Fischdurchgängigkeit an dieser Stelle herzustellen. Eine Schleifung des Wehres steht an dieser Stelle aus vielerlei Gründen nicht zur Diskussion. Vor diesem Hintergrund unterstützt der WVER die bestehenden Planungen zur Sanierung des Wehres mit einer Wasserkraftanlage in Kombination mit einem sicheren Fischaufstieg. Eine Konsensfindung an dieser Stelle ist nicht einfach, wird vom WVER allerdings aktiv verfolgt.

Frage:
Nach dem Hochwasser 2011 haben einige Personen Grundstücke an den WVER verkauft, um den ursprünglich geplanten Deichbau zu ermöglichen. Dieser wird jetzt nicht umgesetzt. Besteht nun die Möglichkeit zum Rückkauf?

Antwort:
Sollte sich im Zuge der Neukonzeption des Hochwasserschutzes auf Grundlage der neuen Daten der Bezirksregierung zeigen, dass diese Grundstücke für die Maßnahmendurchführung nicht mehr erforderlich sind, wäre ein Rückabwicklung möglich. Der Rückkauf kann aber erst dann erfolgen, Konkret , wenn ein genehmigtes Konzept der Bezirksregierung für den Hochwasserschutz Ophoven vorliegt.

Frage:
2016 ereignete sich am Baaler Bach ein Starkregenereignis, welches dieser nicht ab-führen konnte, da er sehr stark verwildert und zugewachsen war. Muss der Bach nicht instand gesetzt werden, um Wasser aus der Regenwasserkanalisation wieder zur Rur abführen zu können?

Antwort:
Dazu ist die hydraulische Situation zu prüfen. Gewässermaßnahmen sind immer mit einem Eingriff in die Natur verbunden. Im unteren Bereich des Baches würde sich kein Nutzen ergeben. Die Angelegenheit wird der Verband noch einmal überprüfen. Ergeben sich hier Defizite, wird der WVER entsprechend nacharbeiten.

Frage:
Wir verzeichnen hier in Ophoven einen hohen Grundwasserspiegel. Wieviel Wasser kann der Boden aufnehmen? Gibt es dazu Daten?

Antwort:
Bei der Festlegung der Überschwemmungsgebiete wird nur das Oberflächenwasser berücksichtigt. Zur Höhe des Grundwasserspiegels bei Hochwasser gibt es keine Daten und demnach auch keine Berechnungen. Wenn der WVER allerdings Eingriffe in die Natur vornimmt – wie etwa durch große Renaturierungen, muss der WVER auch nachweisen, dass sich keine nachteiligen Auswirkungen auf die Grundwassersituation ergeben.

Für das Grundwasser ist in dieser Region der Erftverband in Bergheim aufgrund des großräumigen Einflusses der großen Tagebaue zuständig. Entsprechende Informationen sind daher dort zu erhalten. Der Erftverband erstellt auch Prognosen, was mit dem Grundwasser passiert, wenn der Braunkohletagebau irgendwann wegfällt.

Frage:
Kann bei eventuellen Maßnahmen Photovoltaik berücksichtigt werden, etwa an Geländern o. ä.?

Antwort:
Da es sich bei eventuellen baulichen Maßnahmen nicht um Linienbauwerke aus Beton o. ä. handelt, können hier keine Photovoltaikelemente angebracht werden.

Abschluss-Statement des Vorstands:
Die EG-Wasserrahmenrichtlinie ist die rechtliche Grundlage allen wasserwirtschaftlichen Tuns, auch in dieser Region. In der Umsetzung der Gewässerstrukturierungsmaßnahmen ist Deutschland aber keinesfalls, wie oftmals angenommen, europäischer Vorreiter. So befinden sich in deutlich geringer besiedelten Gebieten mit geringer Industriedichte die Flüsse oftmals in einem natürlicheren Zustand als hierzulande. Wir müssen daher bei der Renaturierung unserer Gewässer noch deutlich mehr Fahrt aufnehmen.

Auch wenn dies vielerorts sehr schwierig ist, zeigt die Erfahrung aber: Überall dort, wo Renaturierungen bereits durchgeführt wurden, werden sie von den Menschen auch begeistert angenommen. Die Renaturierung der Gewässer bedeutet eine deutliche Aufwertung der Landschaft, nicht zuletzt auch eine massive Steigerung des Erholungswertes vor der eigenen Haustür.

In unserer Region haben wir es diesbezüglich mit einer besonders herausfordernden Aufgabe zu tun: Noch in den letzten Jahrzehnten der 20. Jahrhunderts wurden in dieser Region die Flüsse, allen voran Rur und Wurm begradigt und kanalisiert. Die Älteren unter uns haben die Baumaßnahmen noch genau vor Augen. Nun gilt es, diese Maßnahmen mit behutsamen Schritten unter Einbeziehung sämtlicher Interessen wieder rückgängig zu machen. Dies kann nicht kann „mit dem Kopf durch die Wand“ – bzw. erst Recht nicht gegen den Willen der Bürger und der Industrie durchgesetzt werden. Hier gilt es einen gesellschaftlichen Konsens zu erarbeiten.

Bezüglich des Deiches ist festzuhalten: Wenn der Deich nachvollziehbar keine Vorteile mehr bietet, gibt es für eventuelle Maßnahmen keine Förderung aus Düsseldorf. Das ist weder politisch noch wirtschaftlich durchhaltbar.

Der WVER wird daher ein neues Konzept erstellen und die Ergebnisse den Bürgerinnen und Bürgern wieder bei einer Informationsveranstaltung wie dieser vorstellen.

Sowohl Herr Dr. Reichert als auch Herr Winkens bedankten sich bei allen Teilneh-mern für die durchweg sachliche und konstruktive Diskussion, die auch in Zukunft fortgesetzt werde.