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Neuer prozessorientierter Prüfansatz verspricht mehr Klarheit

„Wir sind keine Kontrollabteilung des Vorstands – er ist der Kopf der Verwaltung und wir sind dazu da, die Arbeit der Verwaltung zu prüfen.“, fasst Michaela Niesen, Leiterin der Stabsstelle Revision, die Aufgabenstellung ihrer Abteilung zusammen. Wie die Kontrollfunktion aussehen muss, findet sich in der Satzung des Verbands: Hier ist die Notwendigkeit einer Innenrevision für den WVER klar vorgegeben. Im Interview geben Michaela Niesen und ihr Stellvertreter Arno Claaßen Einblick in ihre Arbeit und erläutern den veränderten Prüfansatz, der zukünftig im WVER zum Einsatz kommt.

In einem Satz auf den Punkt: Warum braucht es eine interne Revision?

M. Niesen:  Wir verstehen uns vorrangig als „Wächter“, aber auch als Problemlöser. Zwar ist die Innenrevision eine gesetzlich vorgeschriebene Institution, aber kein reiner Selbstzweck. Wir sorgen als Teil des WVER-Teams dafür, dass unsere Verwaltungsvorgänge in Ordnung sind. Somit sind wir ein Dienstleister und Berater im eigenen Haus – oftmals können wir bei Vergaben gemeinsam „das Loch im Zaun finden“ und Dinge regelkonform möglich machen, sowie Kolleginnen und Kollegen vor Fehlern aus Unwissenheit schützen.

Was sind die Qualitätsstandards, die eine gute Revision ausmachen?

M. Niesen: Es gibt internationale Standards – ein konzeptionelles Regelwerk, das die maßgeblichen Leitlinien der Revision vorgibt. Daneben sollte jeder gute Innenrevisor zwei wichtige Faktoren mitbringen:  zum einen die Fähigkeit, sich in jeden noch so „bunten“ Vorgang fachlich einzuarbeiten und zum anderen sollte er oder sie, den Kolleginnen und Kollegen gerne beratend zur Seite stehen.

A. Claaßen: Dabei ist die beratende Komponente nicht originär Teil der Revisionsarbeit. Eigentlich ist die Innenrevision nur eine feststellende Institution, die eine rechtliche und wirtschaftliche Zulässigkeit aller Vorgänge bewertet. Doch in den letzten Jahren hat sich das aber verändert: das beratende Element steht inzwischen, mehr als in der Vergangenheit, im Vordergrund.

Wann haben Sie persönlich das Gefühl, eine gute Arbeit im Sinne des Verbands gemacht zu haben?

M. Niesen: Wenn unsere Prüfungen die Abläufe im Verband stetig verbessern, haben wir einen guten Job gemacht. Ich persönlich bin zufrieden, wenn ich durch eine eingehende Vorab-Beratung und -Prüfung Schaden vom Verband abwenden konnte: Vorschläge machen und Risiko minimieren – das gibt mir am Ende des Tages ein gutes Gefühl. Wenn wir am Ende des Jahres feststellen, dass der Verband beispielsweise eine Million zu viel ausgegeben hat, dann haben wir zwar gut gearbeitet, aber das Gefühl ist: blöd, die Million ist trotzdem weg.

A. Claaßen: Eigentlich wäre letzteres der Revisionsstandard, aber dennoch ist es wesentlich sinnstiftender, wenn das Kind nicht erst in den Brunnen fallen muss. Es ist ein ständiger Spagat zwischen den beiden Philosophien der „ex ante-“ (vorab) und „ex post-“ (nachträglich) Prüfung. Es gilt die Ordnungsmäßigkeit im Vorfeld herzustellen, statt Abweichungen nur nachträglich festzustellen.

Nun gibt es einen neuen Prüfansatz: Was gab den Ausschlag, die Revisionsordnung zu verändern? Was ist neu?

M. Niesen: Unser bisheriger Prüfungsansatz war: Einzelbelegprüfungen gemäß Satzung. Das bedeutete, dass wir zum Beispiel bei einem Bauprojekt den Vorgang jeweils eines Kollegen nachvollzogen haben. War dort dann, sagen wir, das Aufmaß falsch angegeben, haben wir das diesem Kollegen zurückgemeldet und um eine spezifische Nachbesserung in diesem Fall gebeten – meist flankiert von Maßnahmenvorschlägen. Dies wurde von Kolleginnen und Kollegen zum Teil als Eingriff der Revision ins operative Geschäft empfunden.

Nun prüfen wir und melden nicht mehr nur dem Einzelnen das Problem zurück, sondern der jeweiligen Organisationseinheit, mit der Vorgabe, sich selbst mit dem Prozess hinter den Fehlern zu befassen und konkrete Maßnahmenvorschläge an uns zurückzumelden: Wie wird bei uns Aufmaß genommen? Wie werden bestimmte Vorgänge generell gehandhabt? Wie viele Varianten gibt es von Normprozessen? Die Verantwortung für möglichst einwandfreie Vorgänge liegt somit wieder da, wo sie hingehört: bei den Führungskräften im operativen Bereich.

Die interne Revision beurteilt dann den Maßnahmenkatalog, der als Reaktion auf den Prüfbericht von den Führungskräften der Bereiche zurückkommt. Sollten die vorgeschlagenen Ansätze nicht ausreichen, um zukünftig diese Fehlerquelle zu minimieren, gibt es einen weiteren Durchgang mit der Möglichkeit zur Stellungnahme.

A. Claaßen: Leistungsverzeichnisse werden wir nicht mehr, wie bisher, standardisiert vorab prüfen. Eine ex ante-Prüfung wird nur noch stichprobenartig und insbesondere zur Korruptionsprävention und bei großen Bauvorhaben, beziehungsweise geförderten Projekten, erfolgen. Der operative Bereich ist hier verantwortlich für die Inhalte und die Zentrale Vergabestelle wickelt den Vorgang formal korrekt ab. Wenn wir dann im Prüfungsvorgang feststellen, dass immer wieder dieselben Fehler gehäuft in einem Bereich auftreten, melden wir das zurück und es greift der Prozess, den Michaela gerade ausgeführt hat.

Welche Hoffnung ist mit der Verfahrensänderung verbunden? Wo sehen Sie den Mehrwert?

M. Niesen: Durch die Lösung vom Einzelfall, also von einem einzelnen Mitarbeiter, rückt der ganze Unternehmensbereich in den Fokus. Das wiederum bietet die Chance auf eine nachhaltige Veränderung der Fehlerkultur im Verband: Wie können wir die Erkenntnisse der Revision nutzen, um unsere Prozesse zu verbessern? Es stehen nicht mehr Einzelpersonen am Pranger – viel wichtiger ist aus den Fehlern zu lernen und für die Zukunft positive Effekte abzuleiten. Jeder Fehler kann uns als Verband weiterbringen, wenn wir ihn gemeinsam konstruktiv nutzen.

Gibt es etwas, was Sie den Kollegen gerne noch mit auf den Weg geben wollen?

A. Claaßen: Unsere Türen stehen nach wie vor allen Kolleginnen und Kollegen offen: Jeder kann nach wie vor jederzeit mit seinem Problem um die Ecke kommen – wir wollen genauso hilfsbereit weiterarbeiten, wie gehabt. Das neue System verortet die einzelnen Verantwortungen einfach wieder da, wo sie originär hingehören – das wird allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Klarheit und Orientierung geben.

M. Niesen: Ja, wir werden jetzt sicher nicht zum reinen Dienst nach Vorschrift wechseln und sind nach wie vor für jede Diskussion und Fragestellung zu haben. Im ein oder anderen Fall werden wir bestimmt nicht mit Ideen hinterm Berg halten und die Kolleginnen und Kollegen weiterhin tatkräftig unterstützen.