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09.08.2017:

Viele Herausforderungen in der Wasserwirtschaft

Auf seiner Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung des aktuellen Jahresberichts ließ der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) jetzt das abgelaufene Jahr Revue passieren und stellte aktuelle Tätigkeitsschwerpunkte sowie künftige Herausforderungen für die Wasserwirtschaft vor.

Verbandsratsvorsitzender Paul Larue, Bürgermeister der Stadt Düren, dankte noch einmal dem ehemaligen Vorstand Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Firk, der zum 31. Mai dieses Jahres aus Altergründen ausgeschieden war, für sein mehr als 16jähriges, erfolgreiches Handeln. Larue betonte unter anderem, dass der Verbandsrat es als seine Pflicht angesehen habe, in die Aufgabenerfüllung der Wasserwirtschaft auch die Interessen der Verbandsmitglieder einzubringen. So habe man bezüglich der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie stets auf Augenmaß gedrungen. „Die Ressourcen der Mitglieder dürfen nicht überanstrengt werden“, so der Bürgermeister. Dies gelte insbesondere für die mögliche Einführung der so genannten 4. Reinigungsstufe auf Kläranlagen zur Reduzierung von Spurenstoffen wie etwa Medikamentenrückständen oder Chemikalien, die in sehr geringer Konzentration im Wasser vorkämen. Hier seien nämlich große Investitionen vonnöten. Dr. Stefan Cuypers, stellvertretender Verbandsratsvorsitzender, erinnerte an die Bedürfnisse der Industrie, wenn es z. B. um die Ausweisung der Rur als Lachsgewässer gehe. Notwendige Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit des Gewässers sollten in Absprache mit den vielen an der Rur ansässigen Unternehmen durchgeführt werden. Deren Belange etwa zur Versorgung mit Flusswasser seien entscheidend für die Standortsicherheit der Firmen.

Beide Verbandsräte bezeichneten es als äußerst positiv, dass der Verband seit 2004 die Gesamtbeiträge seiner Mitglieder konstant auf 132 Millionen Euro im Jahr halte. „Der Verband ist hier ein Musterbeispiel für einen Umlageverband“, so Paul Larue. „Wenn wir nur die Inflationsrate, die Übernahme von annähernd 200 weiteren Sonderbauwerken und die zwischenzeitliche Anhebung der Mehrwertsteuer zugrunde legen, bedeutet dies sogar eine Senkung der Beiträge in einer Größenordnung von etwas mehr als 20 %“, ergänzte Dr.-Ing. Joachim Reichert, der seit dem 1. Juni dieses Jahres die Geschicke des Verbands führt.

Professor Wolfgang Firk rückte mit Blick auf das vergangene Jahr die Tatsache in den Vordergrund, dass die Vorbereitungen für den Bau einer Ozonungsanlage auf der Kläranlage Aachen-Soers intensiv vorangetrieben worden seien. Durch diese Anlage, die größte ihrer Art in Deutschland, werde erstmals der Gesamtstrom einer so großen Kläranlage einer Behandlung in Bezug auf Spurenstoffe unterzogen. Die dort gewonnenen Erkenntnisse dienten dann als eine wissenschaftliche Grundlage für die weitere Diskussion des Themas 4. Reinigungsstufe.

Firk wies aber auch darauf hin, dass mit der Elimination von Spurenstoffen mit Hilfe der Abwasserreinigung alleine noch nicht viel erreicht sei. Pestizide und bei der Viehhaltung eingesetzte Antibiotika gelangten vielerorts ungehindert in die Gewässer. Außerdem müsse man sich auch über die Vermeidung von Einträgen unterhalten. „Wir brauchen hier einen ganzheitlichen Ansatz“, fasste er zusammen. Sein Nachfolger Dr. Joachim Reichert schlug in dieselbe Kerbe: „Zunächst einmal müssen wir wissen, ab welcher Konzentration ein Stoff überhaupt schädlich ist.“ Die Einführung der 4. Reinigungsstufe müsse sich an zwei Fragen orientieren: Ob sie vor Ort erforderlich und ob ihre Wirksamkeit nachweisbar sei. Für die auf der Kläranlage Aachen entstehende Anlage sagte Reichert einen Beginn des Probebetriebs noch zum Ende dieses Jahres zu. Die Investitionskosten der Ozonung, die bei ca. 11 Mio. Euro liegen werden, übernimmt das Land NRW zu 70%. Anfallende Kosten für den Betrieb der Anlage würden dadurch kompensiert, dass man zeitgleich das Belüftungssystem der biologischen Abwasserreinigung erneuere, wodurch der notwendige Energieeinsatz dort stark reduziert werde. Nach Inbetriebnahme werde ein mehrjähriges Beprobungsprogramm durchgeführt, das Auskunft über die Auswirkungen der Ozonung im Einleitgewässer, der Wurm, gebe.

Dr. Reichert gab auch einen Ausblick auf die weiteren Herausforderungen in der Wasserwirtschaft, mit denen sich der Verband in Zukunft auseinandersetzen müsse. Dazu gehöre die weitere Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie, um die Verbandsgewässer in einen guten Zustand zu versetzen. Er erwähnte hier beispielhaft die Renaturierung der Wurm bei Burg Trips in Geilenkirchen, die sowohl eine ökologische Aufwertung als auch durch die Aufweitung der ehemals technisch verengten Flußaue Verbesserungen für den lokalen Hochwasserschutz bringe.

Außerdem stünden umfangreiche Investitionen im Bereich der 44 Kläranlagen und über 800 Sonderbauwerke an, um die Anlagen teils in ihrer Substanz zu erhalten und teils zu modernisieren. Ebenso müsse die Rückgewinnung von Phosphor aus dem Klärschlamm, der beim Abwasserreinigungsprozess anfalle, angegangen werden. Bis 2029 muss dies gemäß der novellierten Klärschlammverordnung auf allen größeren Anlagen erfolgen, bis 2032 auf denen mittlerer Größe. Hierzu müssten technische Wege untersucht und die Frage beantwortet werden, ob die Rückgewinnung in Monoverbrennungsanlagen dezentral oder zentral durch entsprechende Kooperationen erfolgen solle.

Ein wichtiges Thema sei auch die Digitalisierung in der Wasserwirtschaft. Dadurch könnten viele Abläufe automatisiert und effektiver gestaltet werden. Zugleich müsse aber die IT-Sicherheit etwa durch Schutz vor Hackern gewährleistet werden, denn wesentliche Anlagen des Verbandes gelten als so genannte „kritische Infrastrukturen.“ Die besondere Sensibilität der Talsperren mache hier auch weiterhin eine Steuerung vor Ort durch entsprechendes Betriebspersonal erforderlich.
Laut Dr. Reichert müsse sich der Verband aber auch dem demografischen Wandel stellen. In den nächsten zehn Jahren würde annähernd ein Viertel der Belegschaft den Verband aus Altersgründen verlassen. „Hier gilt es, neue und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und langfristig an den Verband als attraktiven Arbeitgeber zu binden, so Reichert.

Die Verbandstätigkeiten des Jahres 2016 hat der Verband im Jahresbericht schriftlich zusammengestellt. Dieser kann auf der Homepage des Verbandes – www.wver.de – unter Öffentlichkeitsarbeit, Druckschriften und Broschüren, abgerufen werden.

v. l.: Dr. Stefan Cuypers, stellv. Vorsitzender des WVER-Verbandsrats, Dr.-Ing. Joachim Reichert, Vorstand des WVER, Paul Larue, Vorsitzender des Verbandsrats und Bürgermeister der Stadt Düren, sowie Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Firk, ehemaliger Vorstand des WVER, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2016
v. l.: Dr. Stefan Cuypers, stellv. Vorsitzender des WVER-Verbandsrats, Dr.-Ing. Joachim Reichert, Vorstand des WVER, Paul Larue, Vorsitzender des Verbandsrats und Bürgermeister der Stadt Düren, sowie Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Firk, ehemaliger Vorstand des WVER, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2016